Wie geht es mit uns weiter in Zeiten von Corona und Krieg? Mit uns kleinen Unternehmen?
Ein paar ehrliche Worte von mir über Angst, Hilflosigkeit und dem Bangen um die Zukunft.
Heute ist der 12. März 2022. Seit dem 24.02.2022 herrscht Krieg in der Ukraine. Eine Situation, die mich persönlich in Angst und Schrecken versetzt. Angst in vielerlei Hinsicht. Angst vor einem Weltkrieg, Angst vor wirtschaftlichen Auswirkungen und Angst vor der Zukunft. Und Schrecken über die Bilder, die uns erreichen. Weinende Mütter und Ehefrauen, flüchtende Kinder und Ehemänner und Söhne, die in den Krieg ziehen.
Ein Wirrwarr aus Gefühlen
Gerade erst haben wir die Corona-Krise so weit überstanden, dass das Leben sich in einigen Bereichen wieder normalisiert. Wir können wieder ins Theater gehen oder ins Kino, uns mit Freunden treffen und überwiegend wieder normal arbeiten. Gerade habe ich in meinem Onlineshop wieder eine höhere Kauffreudigkeit festgestellt. Seit Januar gingen meine Verkäufe wieder bergauf. Und jetzt: Krieg. Seit dem 24.02.2022 ging es wieder bergab mit den Bestellungen. Nun, nach zwei Wochen belaufen sich die Verkäufe gegen null. Ich kann das sogar verstehen. Ein Gefühlschaos überwältigt uns derzeit. Und jeder versucht sein Geld zusammenzuhalten. Ich auch. Ich weiß nicht, ob ich im Moment Geld für Schmuck ausgeben würde.
Bin ich egoistisch?
Weil ich mir Sorgen um meine Firma mache? Natürlich bricht es mir das Herz, wenn ich die Berichte vom Krieg in der Ukraine sehe, und ich verfolge jede Nachricht in den Medien. Mein Nachrichten-Stream läuft fast 24 Stunden. Und natürlich möchte ich helfen. Ich habe gespendet und mein Gästezimmer als Unterkunft für Geflüchtete aus dem Krieg angeboten. Ich bin bereit einiges zu tun, um die Ukraine zu unterstützen. Aber nichtsdestotrotz geht auch unser Leben weiter. Und ich sehe in den Supermärkten leerer werdende Regale, einige Lebensmittel fehlen schon jetzt. Alles ist erheblich teurer geworden, auch ich habe ein Auto und muss tanken und ich heize mit Gas. Ja, eine kleine Portion Egoismus ist dabei aber gesund, würde ich sagen. Es wird von Hilfen für die großen Unternehmen gesprochen, die ihre Zusammenarbeit mit Russland beendet haben. Die Bundesregierung plant ein Kredit-Programm. Herzlichen Glückwunsch!
Und wir Kleinen?
Bleiben, wie schon während Corona, auf der Strecke? Denn ein Unternehmen wie meines ist nur sehr indirekt von Corona und Krieg betroffen. Daher stehen uns keine Hilfen zu. Wir leiden aber trotzdem unter der Situation. Ich denke, ich bin nicht die Einzige Unternehmerin, die Angst um ihre Firma hat. Schon während der Corona Krise hatte ich Schwierigkeiten, an bestimmte Materialien zu gelangen. Ich lege immer Wert auf Nachhaltige Materialien und kaufte z.B. Edelsteine von guten Händlern in Deutschland. Doch als diese kaum noch liefern konnten, musste ich mich Weltweit umschauen und erschrak über die Preise. Die Preise für einige Steine sind derart in die Höhe geschossen, dass es kaum noch tragbar ist, sie zu Schmuck zu verarbeiten und zu verkaufen. Besonders dann nicht, wenn man mit fairen Preisen wirbt.
Und was passiert jetzt?
Jetzt werden einige Grundmaterialien wahrscheinlich noch teurer. Wenn man sie überhaupt noch bekommt, dank Corona und Krieg. Wie reagiere oder agiere ich nun am schlauesten? Friere ich erst einmal alles ein und warte ab was passiert? Stoppe ich alle Projekte, die Geld kosten? Lege ich Werbung auf Eis, weil sie zu teuer ist? Erhöhen sich die Versandkosten noch weiter? Fragen über Fragen, die mir niemand beantworten kann. Hat das Ganze eine Zukunft? Evelynsdottir gibt es nun seit 11 Jahren. Seit 2016 bin ich damit an den Markt gegangen. Seit dem verkaufe und präsentiere ich. In den letzten 8 Jahren steckt so viel Herzblut, so viel Aufbau, so viel Logistik und so unglaublich viel Zeit, Nerven, Schweiß und Tränen. Aber Glück, Freude, Handwerk, Weiterbildung und positive Energie.
Zwei Jahre Corona:
Die letzten 2 Jahre haben so viel Kraft gekostet, dass ich im Moment nicht weiß, ob meine Kraft für die nächste Krise ausreicht. Meiner Mitarbeiterin Amelie musste ich leider kündigen. Um sie zu bezahlen, reichten die Einnahmen leider nicht mehr aus. Ich bin froh, dass sie woanders gut untergekommen ist. Vorbei sind die Zeiten mit meiner Angestellten und PraktikantInnen. Ich kann es mir nicht mehr leisten.
Was bleibt?
Ein Atelier mit Werkstatt voller liebevoll handgefertigter Schmuckstücke. Und das ist nicht nur ein Wortspiel. Meine Schmuckstücke sind wirklich mit Liebe gemacht. Jedes erzählt eine Geschichte. Meine Geschichte! Meine Ohrringe erzählen eine Geschichte, meine Silberringe genauso wie meine Perlenketten. Ich sitze nicht da und bastele Schmuck, weil mir gerade danach ist, sondern weil es meine Berufung ist. Mein Glück, mein Leben und das was ich kann und gelernt habe. Und das, was ich gerade studiere. Ich liebe das was ich in meiner Werkstatt herstelle so sehr.
Zeit ist Geld……
Jeder, der mich kennt, weiß, dass die wenigste Zeit meiner Arbeitszeit in meiner Werkstatt stattfindet. Die meiste Zeit investiere ich am Computer, um den Onlineshop zu bearbeiten, Texte zu schreiben, Bilder zu bearbeiten, Werbung zu erstellen und social Media zu betreiben. Dazu kommt noch Buchhaltung, Haushaltspläne, Einkäufe und Recherchen. Doch jeder kleine Moment, den ich an meinem Werktisch sitze, entschädigt mich für alles. Bis jetzt. Jetzt weiß ich nicht was ich als nächstes machen soll. Investiere ich Zeit in Analysen und SEO? Oder in die Herstellung von Schmuck? Das Material, welches eingekauft, ist möchte verarbeitet werden. Oder warte ich ab?
Jetzt sitze ich da mit meiner schönen kleinen Firma
und habe Angst, dass sie zerbricht. An Corona, am Krieg und an Demotivation. Ich sehe ja die Zahlen. Jeden Tag! Die Klickrate, die Webseitenbesuche und die Verkäufe. Es lässt sich nicht leugnen: wir stecken in einer tiefen Krise. Und ich mittendrin.
Eure Alexandra von evelynsdottir